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Kategorien überwinden

September 20th, 2011 Leave a comment Go to comments
»Der Vogel kämpft sich aus dem Ei. Das Ei ist die Welt. 
Wer geboren werden will, muss eine Welt zerstören.« 
(Abraxas; Hermann Hesse in Demian, 1919)

Sind uns soziale Paradigmen wichtig können wir vielleicht die Geschichte in zwei grosse Zeitalter seit den Römern, oder gar seit Urzeiten einteilen. Ein Zeitalter der Religionen und ein nachfolgendes Zeitalter, das des Pragmatismus und damit des Kapitalismus. Beide sind darüber bestummen, dass sobald deren Begriffe wichtig werden, sie darum wichtig sind, weil dadurch in irgendeiner Form Machtstrukturen oktroyiert werden können. Wo in der Religion die Theodizee, die Instanz für die Rechtfertigung Gottes war, hat in dem mit der Moderne entstandenen Kapitalismus die Wissenschaft diese Aufgaben für dessen Strukturen inne. In einem hat die Wissenschaft, die Mechaniken der Theodizee übernommen: Kategorien sind zentrale Einheiten, über die Macht gerechtfertigt wird. Taxonomien sind die ersten Bibeln der “unabhängigen” Wissenschafter und sie machen sich damit alle Tiere und Pflanzen, die ihnen über den Weg laufen untertan und gleichfalls alle Menschen, die jemals einem solcherweise taxonomierten Tier begegnen.

Europa hat sich mit Revolutionen von den Herrschern, welche religiös autorisierte Macht genossen haben befreit und anstelle dieser die wissenschaftlich autorisierten Machtträger installiert. Kategorien sind die Protagonisten in dieser Welt, die die Wissenschaft den kapitalistischen Machtträger in einem zuhälterischen Verhältnis hinreicht. Wir müssen also das Ei zerstören: Nicht die Könige und Zaren müssen geköpft werden, sondern die Kategorien und Begriffe, so dass der Vogel der Abraxas heisst zu Himmel fliegen kann und die Inhalte unterkommen wo sie Sinn machen, ohne wenn und aber.

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  1. rucci
    September 20th, 2011 at 14:54 | #1

    An dieser Stelle möchte ich gleich auch einen Email-Kommentar von lix.cc kommentieren:

    »Deinem Text will ich zustimmen, glaube jedoch dass sich dies nicht über die Zeitachse trennen lässt. Deine, – übrigens richtige, – Einteilung sehe ich mehr als eine Art Trennung in der Überlagerung als Parallel-Realität. (Um nicht Universum zu sagen…). Zeit ist ein Konstrukt die Realität erträglich zu machen und existiert nicht, so wie Materie nur Schwingung von Energie ist und de facto nicht existiert.
    Mir fällt da spontan Niels Bohr ein, der zu Einstein sagte: “Einstein hör auf Gott zu sagen was er tun soll!” «

    Ja, Zeit ist Erlösung, morgen sind wir alle tod, und dieser ganze Scheiss muss mich nicht mehr kümmern. Genau so, wie Du das beschreibst als Parallel-Realität hab ich das gemeint und dem Text, als Text-selbst-ironisch eine der wahrscheinlich ersten und wichtigsten abstrakten Kategorien, nämlich die der Zeit einverleibt.

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